Shalanaya

Open Air Psytrancefestival in China

Traumland Shalanaya

„Komm – sei Teil des Traumlandes Shalanaya!“ Mit diesem Satz lockt der Veranstalter die Besucher und ich weiß sofort: „Da will ich hin!“

Es ist der 24. September 2018 und ein besonderes Fest wird in China gefeiert. Das Mondfest. Es ist ein Erntedankfest und das zweitwichtigste nach dem chinesischem Neujahr. Für die Chinesen bedeutet das Mondfest vor Allem eins: Familienréunion und Harmonie. Und genau aus diesem Hintergrund entstand vor sieben Jahren das Open Air Festival: Shalanaya. Liebe und Harmonie stehen im Vordergrund und Psytrance Musik soll hier für eine Stimmung der besonderen Art sorgen.

Ganesha der Elefantengott ist nicht nur ein Symbol für den Beginn der Religion, sondern auch für die Gemeinsamkeit aller Hindus
Ein Bild von Ganesha dem Elefantengott. Gemalt mit LED Farben.

Was ist Psytrance?

Psytrance, kurz für Psychedelic Trance, auch Goa oder Hippe Trance genannt, ist eine Richtung der elektronischen Musik und stellt ein Subgenre der Trance Musik dar. Durch psychedelisch hypnotische Klänge, mit 130 bis 160 Beats pro Minute, sollen die neurologischen Effekte nach dem LSD Konsum simuliert werden.

Wo findet das Festival statt?

Das Festival findet in einem Parkgelände in Nähe der Wasserstadt Zhujiajiao statt, die circa eine Stunde Fahrt von Shanghai entfernt ist. Meine beiden Freunde Joe und Brad aus den USA entscheiden uns für die Bahn. Wir sind beeindruckt von der Aussicht und fassen es kaum, dass das ganze Gebiet auf dem Weg in die Wasserstadt immer noch zu Shanghai gehört. Angekommen in Zhujiajiao verstauen wir unsere Koffer in einem Hostel im chinesisch traditionellen Stil. Wir hätten aber auch auf dem Festival Gelände zelten können. Zelte können dort gemietet werden für ca. 5 Euro die Nacht.

Musik und andere Kunst

Feuer und Musik

Die letzten Meter fahren wir mit dem Taxi, denn das Festival Gelände befindet sich circa 15 Minuten mit dem Auto außerhalb der Stadt. Der Taxifahrer ist etwas irritiert, als er die Hauptstraße verlassen und in einen kleinen mit Unkraut überwachseneren Feldweg einbiegen soll. Es ist bereits dunkel und ich bin froh, dass ich nicht alleine im Taxi sitze. Die letzten paar Meter gehen wir zu Fuß. Mitten im Nirgendwo verlieren wir die Orientierung und folgen einfach den Beats, die aus der Ferne ertönen.

Die Ankunft

„Hallo Shalanaya!“

Endlich erreichen wir den Eingang zum Traumland. „Hallo Shalanaya!“ sagen wir im Chor und betreten einen anderen Stern.  Auf dem Hauptgelände werden wir direkt von tanzenden Feuerspuckern in den Bann gezogen, die begleitet werden vom Rhythmus der Trommlen marokkanischer Musikern. Elegant tanzen sie mit dem Feuer. Weiter hinten befindet sich die Hauptbühne. Die Boxen sprühen die elektrisierenden Töne des Psytrance in den weiten Himmel. Es ist warm, obwohl Herbst ist, der Himmel ist klar und die Luft ist frisch. In der Ferne leuchtet der Star des Abends. Einen großer, voller Mond. Wie die Motte vom Licht angezogen, gehe ich zur Hauptbühne und lasse mich auf das Abenteuer Psytrance Musik ein und ich tanze in einem bunten Mix aus allen Nationen. Chinesen, Europäer, Amerikaner, Russen. Manche von ihnen leben in China, andere sind extra angereist, um hier zu feiern. Wir alle tanzen zusammen in dieser mystischen Atmosphäre und teilen die Freude an der Musik und am Dasein.

 

 

 

 

 

 

 

Besondere Atmosphäre

Egal, ob auf der Hauptbühne, oder in einem der Zelte, in denen man sich bei leckeren Getränken erfrischen kann, die Atmosphäre ist in jedem Bereich des Geländes freundlich und offen. Neben Getränken, gibt es außerdem leckere vegetarische Speisen, frisches Obst und Kuchen. Alles selbst gemacht. Und ganz nebenbei kommt man ständig mit Leuten aus aller Welt in die unterschiedlichsten Gespräche.

Internationale Teilnehmer

Freiheit ist Gesprächsthema Nummer 1

Wie zum Beispiel mit Juri aus Tschechien. Wir reden über Freiheit und Burn Out Syndrom. Völlig überarbeitet war er über mehrere Jahre lang, bis er entschied, dass es Wichtigeres gibt, als Arbeit und Geld. Fancy sieht er aus mit seinem Hut und der Brille. Mitten im Gespräch guckt er an sich herunter und bemerkt, dass er barfuß ist. „Ich glaub`, ich geh` Mal meine Schuhe suchen.“, sagt er und lacht. Diesen Satz höre ich in den nächsten Tagen noch öfter. Von verschiedenen Leuten. Ich gehe wieder auf die Tanzfläche.

„Jeder, der kommt, ist Teil der Shalanaya Familie und wird geliebt und respektiert.“, lautet das Motto. Und genauso fühle ich mich auch. Plötzlich steht eine kleine zierliche Chinesin neben mir. Wie von einer anderen Welt, so scheint sie, taucht sie plötzlich neben uns auf und reicht uns lächelnd einen Granatapfel. Ich esse ein Stück und bemerke wie süß und fruchtig er schmeckt. Unser Planet ist wundervoll.

„Früher oder später werden die richtigen Schuhe zu dir kommen.“

Ich tanze in den Sonnenaufgang und plötzlich steht Juri wieder neben mir. „Rate Mal!“, sagt er. Er trägt nun Schuhe, aber sein Hut ist weg. „Ich hab` meinen Hut verloren!“ Und ich sage: “Und deine Brille auch!“ Immerhin hat er jetzt Schuhe. Wem auch immer sie gehören mögen.

Und das spielt auch gar keine Rolle, denn, gemeinsam verstehen wir die Bedeutung dieser Erfahrung: “Früher oder später werden die richtigen Schuhe zu Dir kommen.“

„Die Base chillen“

Chillout-Zonen mit entspannter Atmosphäre

Ich gehe in eine der Chill Out Zonen. Selbst am dritten Tag des Festivals ist hier keinerlei Anzeichen von negativen Schwingungen, wie sie hier sagen, zu spüren. Alle sitzen zusammen an einem Tisch, hören Musik, singen, tanzen und vor allem tun sie eins ganz besonders: Lachen! Manche greifen nach den Hulla Hub Reifen, die überall auf dem Gelände verstreut sind. Sie lassen ihr Kind raus. Ich frage mich, wie lange es her ist, dass ich mit einem Hullahubreifen gespielt habe und greife mir ebenfalls einen.

 

 

 

 

 

Endlich wieder Kind sein

Wir dürfen Kind sein und frei! Das sagt uns dieses Festival an jeder Ecke dieses wunderbaren Geländes und in jedem Moment. Ich bin glücklich hier zu sein und möchte am liebsten nie mehr weg. Und gemeinsam singen wir:“ Shalanalalalanayalaya!“

Zurück in die Realität

Ich will nicht!

Das Fest neigt sich dem Ende zu. So wirklich möchte niemand das Gelände verlassen. Realität, was ist das eigentlich?

Auch das siebte Shalanaya Festival war wieder einmal ein voller Erfolg. Ich frage den Veranstalter, ob es im nächsten Sommer ein achtes geben wird. Er hat selber mitgefeiert und antwortet mit strahlenden Augen: „Aber ganz sicher! Ich hoffe nur, es werden noch viel mehr Leute kommen. Du kannst Dir gar nicht vorstellen, wieviel Arbeit in diesen ganzen Vorbereitungen steckt. Aber Shalanaya ist es Wert!“

„Die Shalanaya-Inseln“

Sie werden mir fehlen

Und er hat Recht. Wie eine Insel liegt Shalanaya mitten im Nirgendwo eines Landes, dessen rasantes Wirtschaftswachstum alles zu überrennen scheint. Es bietet die einzigartige Möglichkeit ein Stück Natur und Freiheit zu genießen und das Tempo des Alltags einmal rauszunehmen. Eine Insel, die spüren lässt, dass egal, wo auf der Welt, alle Menschen eigentlich nur das Eine wollen: Freiheit, Liebe und Frieden. „Shalanaya – du Traumland!“, seufze ich. Und schweren Herzens betrete ich die Schwelle des Ausgangs um zurück zukehren – in den Wahnsinn des Alltags.

13 Comments

Leave a Reply

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert