Die Hutongs von Peking

Hutong Islands

Die Hutongs in Peking

Pekings alte Stadtviertel

„Hutong Islands“

Ich erinnere mich, als ich im April 2019 nach Peking zog. Die Ankunft war nicht einfach, aber die Hutongs in Peking waren meine Rettung. Folgendes gibt einen kleinen Eindruck von meinen ersten Tagen in der Hauptstadt Chinas:

Ankunft in Peking

Lärm, Menschenmengen, Blechlawinen

Peking. Menschenmengen, Wolkenkratzer, Blechlawinen, Lärm, Smog. Ich fühle ich mich wie eine Ameise, die auf ihrem Weg nach Hause verzweifelt versucht, von der rollenden Masse nicht zerquetscht zu werden. Das Problem dabei ist – ich habe gar kein zu Hause.

Die Hutongs in Peking bieten eine Alternative zu dem Hochhausdschungel

Wohnungssuche in Peking

Schon bei den ersten Wohnungen, die ich am ersten Tag meiner Ankunft „rekord-besichtige“, schlägt mir die Realität brutal ins Gesicht. Kleine dunkle ein Zimmer Apartments, die in monströsen Wohnkomplexen wie die Waben eines Bienenstocks eingebettet sind.

Die Hutongs in Peking bieten eine Alternative zu dem Hochhausdschungel

Am dritten Tag verlässt mich der Mut. Alles sieht danach aus, als werde ich in einer der Waben leben müssen. Ich bin verzweifelt. Einen letzten Termin habe ich noch. Entnervt erreiche ich mein Ziel, das plötzlich, wie eine rettende Insel inmitten dieser hektischen Millionen Metropole, vor mir auftaucht und mich vor dem Ertrinken bewahrt:

Die Hutongs in Peking

Pekings alte Stadtviertel

Blumen in den Hutongs in Beijing

Die Hutongs sind alte Stadtviertel, wie man sie aus den klassischen Kung Fu Filmen kennt, bestehend aus kleine Häuschen, die in alter chinesischer traditioneller Bauweise im 15. Jahrhundert um die verbotene Stadt herum errichtet wurden. Mit ihren geheimnisvollen Gassen und dem imperialen Charme, versprühen sie eine magische Atmosphäre, deren Zauber sich niemand entziehen kann.

Die Hutongs in Peking

Weil das soziale Leben überwiegend draußen statt findet, stehen sich die Menschen hier sehr nah. Nachbarn sind nicht nur Nachbarn, sondern auch Freunde und Familie. Besonders alte Menschen sind tief mit den Hutongs verwurzelt. Die meisten von ihnen leben hier schon fast ihr ganzes Leben lang. Wie viele andere Bewohner, gehören auch sie größtenteils zur sozialen Unterschicht. Dennoch wirken sie zufriedener, als viele der Menschen, die in den Luxus großer und moderner Häuser und Wohnungen genießen dürfen.

Soziales Leben in China.

Mit dem rasanten Wirtschaftswachstum in den 80ern, traf die Hutongs und ihre Bewohner dann ein Schicksal, das sie zum Vorboten für den Tod des Alten und die Geburt des Neuen Chinas machen sollte.

Die Hutongs in Peking

Sie verschwanden

Die Bevölkerungsrate stieg. Neuer Wohnraum musste her und das so schnell wie möglich. Die Hutongs in Peking wurden abgerissen und durch gigantische Hochhauskomplexe ersetzt. Die Menschen mussten ihr zu Hause verlassen. Ob sie wollten oder nicht. Vielen blieb das Leid einer Zwangsumsiedelung nicht erspart. Bei 25 Millionen Menschen, die irgendwo leben müssen, ist kein Platz für Emotionen.

Mittlerweile erholt sich China vom Rausch des schnellen Wachstums und erkennt allmählich wieder den Wert des Alten. Die letzten Hutongs in Peking werden bewahrt und sogar neu aufgebaut. 

Mein neues zu Hause

Die Hutongs in Peking

„Die Hutong Inseln“

Und somit bekomme auch ich die Chance, hier leben zu dürfen. Erschöpft stehe ich also vor einem alten Holztor, dessen roter Lack bereits abplatzt. Ich kann in den Hinterhof hineinschauen. Dort steht ein alter Baum. Er duftet und ein Schmetterling fliegt vorbei. Ein paar der Leute, die an mir vorbeikommen lächeln mich an und sagen freundlich „Ni Hao“. Zum ersten Mal, seit ich wieder in China bin, habe ich das Gefühl, dass sich der Knoten in meiner Brust löst. Ich weiß sofort – ich bin zu Hause und nehme die Wohnung mit dem alten Baum im Hinterhof.

Die Hutongs in Peking
Bei meinem Einzug 2019 begrüßt mich dieser wunderschöne Baum. Letzte Woche, im Dezember 2020, wurde er gefällt. Sein Verlust ist für mich wie ein Omen, das mir auf schmerzhafte Weise sagen will, dass auch ich diese Stadt endlich verlassen muss.

Wie kleine Inseln liegen sie inmitten einer hektischen Millionen Metropole und bieten mit ihrer Ruhe und robusten Schönheit einen Schutz vor der hektischen Außenwelt. Sie sind viel mehr als nur eine Anreihung von Gebäuden. Die Hutongs in Peking haben eine Seele. Ihr Verschwinden wäre ein bitterer Verlust für die chinesische Kultur und Gesellschaft und würde viele der Bewohner in ein tiefes Unglück reißen, ganz egal, ob arm oder reich, alt oder jung, Chinese oder Ausländer, Mensch oder Tier. Mit ihrem Verschwinden würden sie alle das Wichtigste verlieren:

-Ihr zu Hause –

Bitte beachten Sie Folgendes: alle Bilder auf dieser Webseite sind von mir und unterliegen dem Copyright. Bilddiebstahl wird strafrechtlich verfolgt und kann sehr teuer werden.

©Tanja Herko, deutsche Fotografin in China.

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